Sonntag, 27. September 2015

How did I get here?

So ist das also, wenn man alleine wohnt. Alleine unterwegs ist.
Ich bin in Peru.
Ich habe nichts zu essen hier, auch kein Geld, es ist Sonntag, ich kenne mich nicht aus, ich habe Durst.
Ich hätte gerade so richtig Lust, auf einen Liter frischen Wassers. Aber das geht so einfach nicht. Denn Wasser muss man abkochen. Vor allem, da ich den zweiten Teil meiner Choleraschluckimpfung beim Zwischenstopp in Madrid im Kühlschrank liegen gelassen  habe. Super. Und hier gibt es nur Kamillentee. Schadet nix, schmeckt trotzdem nicht.
Und Odesza bringen mir nur immer wieder nahe 'How did I get here?'
Hm naja zum einen habe ich das Flugticket selbst gebucht.
Zum anderen auch den Bus.
Ende der Geschichte.
Jetzt wohn ich also erstmal für fünf Monate hier. Fünf Monate in einem Küstendorf. Das klingt doch erstmal vielversprechend. Und dennoch wurden mir von so vielen die ersten drei Wochen als ungenießbar versprochen. Drei Wochen um alles kennen zu lernen, mit dem Projekt klar zu kommen, mit der Sprache. Ich werde mein Bestes geben. Und Aufgeben gehört sowieso nicht zur Option. Hat es noch nie. Man beißt sich durch. Bis jetzt war es das noch jedes mal wert.
Und dennoch sitze ich jetzt hier. An einem Sonntag. Ohne etwas zu essen.
Und ich fühle mich nicht zu hause. Wie auch. Aber auch nicht willkommen.
Wie ich so durch die Straßen Limas wanderte, spürte ich die Blicke auf mir. Nicht nur wegen meiner Hautfarbe. Das ist nur das Erkennungsmerkmal. Auch weil ich es mir leisten kann hier zu sein. Ich kann es mir leisten, hier zu reisen, anstatt Geld zu verdienen. Ja ja, die westliche Welt und ihr Wohlstand.
Vielleicht fühlt es sich auch nur so an. Wo ich doch eh immer so auf die Meinung anderer von mir konzentriert bin. Es wird besser. Aber nicht von einem Tag auf den anderen.
Ich bin am 17.9. gestartet, habe fünf Tage in Madrid mit meinen Schwestern verbracht. Dann ging es weiter nach Lima. Und gestern kam ich hier an. Seit dem 22.9. bin ich alleine unterwegs. Seit dem war ich zwei mal obdachlos. Beides mal nicht lange. Und dennoch stand ich zweimal da und wusste nicht wo hin. Ich bin erstaunlich ruhig geblieben.
Alleine reisen. Das ist so eine Sache. Zu der ich bis jetzt noch sehr wenig sagen kann.
Und dennoch denke ich, dass es mir gefällt. Wenn ich erstmal selbstbewusster bin. Weiß, wie der Hase läuft.
Absurd. Dass ich hier sitze. Wie das Leben spielt.
Ich bin gespannt, wie ich danach sein werde.
Mehr bei mir. Weniger bei anderen.
Ja, das wäre schön.
Und wenn ich so alleine im Bus sitze. Zehn Stunden lang. Und die Landschaft aus Sand besteht. Links vom Vorhang zugehängtes endloses Meer. Rechts Sandberge. Unvorstellbar viele Sandberge. Ja wenn ich dann da so sitze. Dann male ich mir aus, wie es eines Tages sein könnte. Tagträumer. War ich schon immer. Ja und dann male ich mir so aus, wie ich sein könnte. Und wie es sein könnte. Und vergesse dabei ein bisschen, wer ich jetzt bin.
Und wenn ich dann ankomme, und entdecke, dass ich doch nur wieder ich bin und nicht die, die ich sein könnte, macht mich das ein wenig traurig. Aber wenn ich daran arbeite, ja vielleicht bin ich ja dann eines Tages genau so, wie ich immer sein wollte. Oder zumindest nah dran. Oder glücklich. Das fänd ich auch ganz toll. Und erstrebenswert.
Und das Schönste ist: Ich habe Zeit. Ich habe Zeit, mich all dem zu widmen, zu dem mir bisher immer die Zeit fehlte. Ich habe Zeit, genau das zu machen, wozu ich immer Lust hatte. Aber nie den Mut.
So sitz ich hier und schwitze. Nach meiner ersten warmen Dusche seit einer Woche. Und schaue angewidert auf meine gesalzten Erdnüsse. Habe Respekt vor der Zukunft. Aber auch Bock. Bock darauf, meinen Weg zu gehn. Und der sieht schon ganz schön aus finde ich. So bis jetzt. So seit ich alles machen kann. Gerade fühlt sich alles unwirklich an. Aber das wird umschwingen. In meiner Hoffnung auf gut.
Das wird schon alles, Analena. Das funktioniert. Karma.

Dienstag, 1. September 2015

Vermisstes Chaos.

Und plötzlich ist alles wieder still. Das Dorf ruht im gewohnten Stil. Ich seufze über die wiedergekehrte Ordnung. Vermisstes Chaos.
Die Pfandflaschen wurden abgegeben, die Zelte gepackt, die Masse verschwunden.
Kein Bass, der meinen Körper durch die Wogen der Beats transportiert. Keine Musik, die mich durch die Nacht treibt. Keine Berge, die mir den Weg des Abends weisen. Die Bühnen die Ziele, die Acts die Bestimmung des Tages- und Nachtsablaufs.
Nun gibt es wieder nur eine Sache, die den Tag ausfüllt. Die Balance von Arbeit und Vergnügen kippt wieder etwas nach links.
Was bleibt, ist die Erinnerung. Die Erinnerung an wundervolle Musik. An Tanz und Hitze.
Festivals sind vorüber. Der Sommer kündigt sein Gehen an, er hat Termine.
Akeptier ich, nehme ich an, und reise dir nach.
Zu sehr würde ich frieren, zu sehr dich vermissen. Und deshalb geniesse ich deine Anwesenheit, und freue mich auf ein baldiges Wiedersehen, wenn du beschließt, zu gehen.